„Ich bin zu spät, Termin hat länger gedauert“ – Gespräche beenden – Teil 1

Wieso bringen wir uns selbst oft in so eine unangenehme Lage, in der wir passiv unserem Gesprächspartner zuhören und nur noch hoffen, dass er endlich zum Ende kommt? Weil wir das Gefühl in uns tragen, unhöflich zu sein, wenn wir zugeben, dass wir gerade überhaupt nicht an seinen Inhalten interessiert sind. Hier liegt der Knackpunkt: Genau das sollen Sie gar nicht! Es geht um etwas ganz anderes.

Es ist essentiell, dass Ihr Kunde nicht das Gefühl bekommt, was er erzählt, sei uninteressant.
Und in der Tat stimmt das so nicht. Denn es ist eventuell sehr wohl interessant, was er zu sagen hat. Nur nicht für Sie, nicht zu diesem Zeitpunkt. Sie brauchen die Informationen gerade nicht oder Sie haben z.B. einen Folgetermin. Selbst wenn Sie keinen haben, ist es Ihr gutes Recht, effektiv zu arbeiten und zu gehen, wenn alles besprochen und das Gespräch angenehm mit kurzem oder auch längerem Smalltalk – je nachdem wie gut Sie sich verstehen und wie lange BEIDE Parteien sprechen möchten – beendet wurde.
So stelle ich Ihnen jetzt also Teil 1 meiner Lieblingstechniken vor, mit denen Sie ein Gespräch zum Ende führen. Hierbei sowie bei jeder anderen Gesprächstechnik, die ich vorstelle, geht es um Effektivität in Verbindung mit Wertschätzung Ihres Gegenübers. Los geht´s:

Schritt 1: Überlegen Sie: Sind Sie sich sicher, dass der Inhalt Ihres Gesprächspartners uninteressant für Sie ist? Denn wie Platon sagte: „Lerne zuzuhören und du wirst auch von denjenigen Nutzen ziehen, die dummes Zeug reden.“ Hinzu kommt: Wahrscheinlich redet Ihr Gegenüber gar kein dummes Zeug. Denn es ist nur so langes dummes Zeug, solange Sie es als solches interpretieren. Wägen Sie also ab: Ist es wirklich irrelevant für Ihr Projekt, was Ihr Gesprächspartner gerade erzählt? Bedenken Sie: Es ist wertvoll, möglichst viel über Ihren Kunden oder Geschäftspartner zu wissen, was ihn bewegt, welche seine Motive sind. Diese können Ihnen später beim Argumentieren für bestimmte Strategien helfen. Gehen wir davon aus, Ihre Antwort lautet: Ja, es ist unwichtig für mich. So folgt:

Schritt 2: Wollen Sie das Gespräch beenden? Selbst wenn Sie Schritt 1 mit „Ja“ beantworten – die Inhalte sind für Sie uninteressant – heißt es nicht automatisch, dass Sie das Gespräch auch beenden wollen. Denn häufig ist der Grund dafür, dass viele Menschen den rechtzeitigen Absprung nicht schaffen, dass sie nicht unhöflich sein möchten, v.a. nicht zu ihren Kunden, aus Angst, dass es die Beziehung stören könnte. Sie möchten also nicht von sich aus Signale geben und hoffen, dass das Gegenüber schon irgendwann zum Ende kommt. Hören Sie auf zu hoffen und fangen Sie an, höflich zu sich selbst zu sein. Möchten Sie sich jetzt mit etwas anderem beschäftigen? Empfinden Sie das Gespräch schon seit 5 Minuten als Zeitverschwendung? Haben Sie einen weiteren Termin? Möchten Sie alleine sein? Dann fangen Sie an, beenden zu wollen. Und ich kann Sie beruhigen: Es überhaupt nicht unhöflich, ein Gespräch zu beenden und es geht ganz freundlich.
Sind die beiden ersten Schritte getan, entscheiden Sie sich jetzt für eine Variante des Beendens, z.B. diese:

Sie führen nicht Ihr Gegenüber zum Ende, sondern sich selbst:

Sie führen nicht Ihr Gegenüber zum Ende, sondern sich selbst:
Schritt 3: Hören Sie genau zu. Richtig gehört. Sie möchten beenden und genau dafür ist noch einmal zuhören wichtig. Reißen Sie sich zusammen, hören Sie hin, was Ihr Gegenüber sagt und überlegen Sie, was Sie dazu einwerfen und sagen können. Ich gebe zu, es ist manchmal schwierig. Mir hat auf einer Veranstaltung mal jemand von all seinen Erfolgen und TV-Auftritten erzählt. Er hatte das Bedürfnis, sich selbst darzustellen aus welchen Gründen auch immer. Böse meinte er es sicher nicht, aber wie so oft: Gut gemeint ist manchmal das Gegenteil von gut gesagt oder getan. Und es hat mich nach 30 Minuten nicht mehr interessiert. Ich habe mich zusammengerissen, ihm noch einmal zugehört und mir überlegt, was ich dazu sagen könnte. Dann folgte Schritt 4:

Schritt 4: Unterbrechen Sie mit positivem Signal. Positive Signale sind z.B. „stimmt“, „richtig“, „absolut“, „so sehe ich das auch“, „ganz klar“. Wichtig ist, dass es positiv ist, denn bei negativen Signalen wie „aber“, „Moment mal“ oder gar „nein“ wird sich Ihr Gegenüber nicht unterbrechen lassen. Die Chance, dass er Sie ohne weitere Mühe zu Wort kommen lässt, ist bei positiven Signalen hoch.

Schritt 5: Schließen Sie jetzt Ihren Einwurf an mit den einleitenden Worten: „Und dazu habe ich auch noch einen Punkt“, „Gleichzeitig ist es auch so, dass…“ und dann Ihr Inhalt, der mindestens zwei Sätze lang sein sollte. Es ist überhaupt nicht wichtig, dass er genau zum zuletzt Gesagten passt. In meinem Fall war es: „Da haben Sie ja schon viele Erfahrungen gesammelt. Die TV Sendung (…) finde ich auch sehr interessant, v.a. ….“. ACHTUNG: Keine Fragen mehr stellen und zum Sprechen anregen. Nur Aussagesätze machen. Gut ist, wenn nicht nur Ihr erstes Signal positiv ist, sondern auch der Inhalt, den Sie anhängen, positiv ist. Und das ist nicht mal gelogen, denn: Wir finden in allem, was jemand sagt, etwas Positives und Interessantes. Denn noch einmal: Nur weil wir das Gespräch beenden wollen, heißt das nicht, dass die Inhalte oder gar der Mensch an sich generell uninteressant ist. Auch bei einem Poser, der von seinen TV Auftritten erzählt, finde ich die Inhalte grundsätzlich interessant, nur nicht in dieser geballten Form mit stolz geschwellter Brust.

Und jetzt der entscheidende Punkt:

Schritt 6: Sie unterbrechen Sich selbst. In meinem Fall hatte ich also gerade in mehr als zwei Sätzen davon erzählt, dass ich diese TV-Sendung auch ganz interessant finde und dann füge ich etwas an wie: „Aber jetzt komme ich wieder ins Erzählen, dabei wollte ich doch noch rübergehen zu Herrn Müller und mit ihm sprechen“, „Bevor ich jetzt aber zu viel erzähle – ich möchte ja noch …“, „Ich könnte jetzt noch lange reden, aber dafür fehlt mir die Zeit.“ Sie haben also nicht Ihr Gegenüber unterbrochen, sondern sich selbst. Und dann folgt in 90% der Fälle eine einvernehmliche Verabschiedung. Sogar mein Vielredner hat sich danach ganz freundlich von sich aus verabschiedet und mir noch seine Visitenkarte in die Hand gedrückt.

Zusammengefasst funktioniert die Technik so: Etwas Positives einwerfen – sich selbst unterbrechen.

Das funktioniert auch wunderbar am Ende von Kundenterminen. Denn nach einem gelungenen Pitch wollen Sie die positive Stimmung möglichst beibehalten und keinesfalls den Eindruck erwecken, Ihre Gesprächspartner jetzt abzuwürgen. Deshalb quälen sich viele und bleiben noch länger als geplant. Alle Folgetermine des Tages verschieben sich, denn schließlich ist ja JETZT dieses Projekt so wichtig. Ist es auch, deshalb können Sie sich trotzdem freundlich verabschieden. Probieren Sie es aus. Es macht so viel Spaß freundlich Grenzen zu ziehen. Und am Ende ist Ihr Gegenüber oft auch froh, dass einer das Heft in die Hand genommen hat und das Gespräch rechtzeitig beendet hat. So können es beide in positiver Erinnerung behalten. Probieren Sie es aus.
Sie erfahren noch weitere Techniken, mit denen Sie ein Gespräch freundlich beenden können, etwas subtiler und tatsächlich hochmanipulativ, was das gleiche bedeutet wie: hochwirksam. Viel Spaß beim Grenzen ziehen, sie tun Ihnen gut ?